Freitag, 14. August 2015

Augen auf beim Lampenkauf

... oder: Die Krux mit den Produktbeschreibungen

Wir wollen "gutes" Licht, also keine schwache Funzel, kein futuristisches Blau und kein Licht, in dem frisches Obst aussieht, als gehörte es schon längst auf den Komposthaufen. Aufgrund der Vielfalt an Leuchtmitteln und Qualitäten ist aber der Lampenkauf eine höchst komplizierte Sache geworden. 

Schauen wir im Geschäft oder im Internet, finden wir: Halogenglühlampen, Leuchtstoffröhren, Halogenkaltlichtspiegellampen (9 Silben!), Kompaktleuchtstofflampen ( =Energiesparlampen), LED-Lampen, Hochvolt- und... *lasst euch das auf der Zunge zergehen*... Nie-der-volt-ha-lo-gen-re-flek-tor-lam-pen (11 Silben!!).
Uaaah....

Halogenlampen kaufen geht ja noch, da ist auch eine wie die andere. Nicht aber Leuchtstoff- oder LED-Lampen. Die können so unterschiedliche Bauteile/Inhaltsstoffe haben, dass man nicht sagen kann: Jede Lampe mit soundsoviel Watt ist soundso hell. Andere Angaben als Watt können viel aussagekräftiger sein, aber die sagen den meisten nix. 

Dies öffnet den Herstellern Tür und Tor, uns mit ihren 
Artikelbeschreibungen in die Irre zu führen

Konkretes Beispiel aus meinem Haushalt: Laut Verpackung 1 (Energiesparlampe) sind 1152 lm so hell wie eine frühere 100 W Glühbirne. Laut Verpackung 2 (Halogenglühlampe) entsprechen 1320 lm herkömmlichen 93 W! Ja, was nun??
Ich bin noch nicht dahinter gekommen, welche technischen Daten vom Gesetz her wirklich angegeben werden müssen. Auf den Schachteln wird nur immer groß und breit dieser Energiesparindex dargestellt, Lumen und "entspricht x W Glühbirne" muss man dagegen ja schon fast suchen. Von anderen, wirklich aussagekräftigen, Zahlenwerten ganz zu schweigen.

Im Internet ist in den Artikelbeschreibungen mehr zu lesen. Je nach Händler und Hersteller gibt es oft auch - mehr oder weniger ausführliche - Produktdatenübersichten. Werte, die durch Messverfahren ermittelt wurden, kann man als korrekt annehmen. Anders jedoch ist es bei den Texten. Lest diese bitte kritisch und glaubt nicht alles ungeprüft.

Hier ein paar Beispiele, mit welchen Tricks und Strategien die Hersteller 
ihre Produkte als qualitativ hervorragend anpreisen:

1. Verkaufsbegriff "Tageslicht"

Ich dachte, eine "Tageslichtlampe" hat die gleichen Eigenschaften, die ich vom natürlichen Sonnenlicht kenne: Sie ist hell, das Licht ist weiß ohne irgendeinen Farbstich und wenn ich etwas Buntes darunter halte, dann sehe ich jede Farbe, so wie sie ist. Ähm... nöö.
  • Meist ist damit nur die Lichtfarbe gemeint und bedeutet "kaltweiß", der dazu gehörige Farbtemperaturbereich ist etwa 5500 - 6500 Kelvin. Solche Lampen werden für Arbeitsplätze empfohlen, weil man dann anscheinend nicht so schnell ermüdet wie bei Beleuchtung mit gemütlicherer Lichtfarbe. (Kühles Licht interpretiert unser Körper als Tag und hemmt deshalb die Ausschüttung des "Müdigkeitshormons" Melatonin.)
  • Sogenannte Vollspektrumlampen erfüllen die obigen Bedingungen. Allerdings senden sie auch UV-Licht aus, um den gesamten Strahlungsbereich des Sonnenlichts nachzubilden, und werden hauptsächlich in der Lichttherapie eingesetzt.
  • Das Licht der Mittagssonne hat wohl ungefähr 5800 K. Oft wird angepriesen, dass eine elektrische Lichtquelle mit einer solchen Farbtemperatur die Sonne perfekt imitiert und beste Farbwiedergabe ermöglicht. Dies ist völlig falsch! Sonnenlicht enthält alle Spektralfarben. Aber man kann Tageslichtweiß ebenso nur aus Rot, Grün und Blau ermischen; dieses Licht sehen wir als normales Weiß und trotzdem erscheinen farbige Dinge darunter unnatürlich.

2. Verkaufstaktik "Vergleiche"

Man muss aufmerksam sein, mitdenken und sich selbst Vergleichswerte besorgen, um Unsinniges zu entlarven. Beispiele:
  • "Produkt X erzeugt 1000 Lux in 15 cm Abstand." Hallo?? Wer hat denn seine Arbeitslampe so nah an der Tischplatte? Ich werde hellhörig und rechne um... in 60 cm Abstand kommt die Lampe dann grade mal noch auf 63 lx!
  • "Lampe Y bildet das Sonnenlichtspektrum besser nach als fast alle anderen Leuchtmittel." Als Beweis dienen zwei Schaubilder mit der Strahlungsverteilung von Y (einigermaßen ausgeglichen) und der einer Natriumdampflampe (niedrige Werte mit einer einzigen hohen Spitze). Das Diagramm vom Sonnenlicht fehlt schon mal wohlweislich. Ich lese nach, weil mir diese Natriumdings nix sagt... Diese Lampe kann und soll gar nicht weißes Licht erzeugen, sondern gelbes, und wird nur in Straßenlaternen verwendet!
  • "Lampe Z erzeugt 1020 Lumen, was einer herkömmlichen 100 W Glühbirne entspricht." Da hab ich doch schon andere Zahlen gelesen und schaue nach... Überall sonst finde ich für 100 W Angaben von 1380 bis 1522 lm!
  • "Diese LED-Lampe ersetzt eine 12 W Energiesparlampe." Wer zur Hölle weiß schon, wie hell so eine durchschnittlich ist? Außerdem kann diese Formulierung bedeuten, dass der Lichtstrom sehr wohl um einiges niedriger ist, der Hersteller aber wahrscheinlich zum Ausgleich längere Lebensdauer und höhere Zahl der Schaltzyklen o.ä. irgendwie miteingerechnet hat.

3. Verkaufstaktik "pimp or psst"

  • pimp: Aufgehübscht und frisiert wird nicht nur beim Basteln. Bei Lampen werden schlechtere Zahlen schon mal schön gerechnet (s. Vergleiche). Oder es werden Maximalwerte genannt, die entweder nur theoretisch sind und in der Realität nie erreicht werden oder lediglich in einem minimalen Bereich zutreffen wie die sog. "Bemessungsspitzenlichtstärke". Oder nur unter bestimmten (und evtl. unrealistischen) Bedingungen so optimal sind - so wie beim Auto die Herstellerangabe des niedrigen Durchschnittsverbrauchs, der sich dann als höher rausstellt, weil kein Mensch so fahren mag oder kann, wie es dafür notwendig wäre.
  • psst: Kannst du nicht pimpen, dann lass es weg. So zumindest ist mein Eindruck, wenn wichtige Angaben wie z.B. die Anlaufzeit bei Leuchtstofflampen fehlen. Wie sonst ist zu erklären, warum verschiedenen Lampen vom selben Hersteller und auf der selben Händlerseite mal ein ausführliches, mal ein äußerst mickriges Datenblatt beigefügt ist?

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Fazit:
"entspricht herkömmlichen x Watt" ist meiner Erfahrung nach oft keine Produktinfo, sondern eine reine Werbeaussage. Der Aufdruck ist wohl gesetzlich vorgeschrieben, aber ob in dem Paragraph auch steht, dass die Angabe der Wahrheit entsprechen muss?
Ich habe jedenfalls gelernt, dass ich den Produktbeschreibungen nicht von vornherein glauben darf. Einige sind löblich korrekt und ausführlich, aber andere leider nicht. 
Ich habe gelernt, dass Vergleiche oft nur Verkaufstrick sind und auch - an sich schummelsichere - technische Daten nicht immer reelle Werte.
Ich habe gelernt, dass ich nicht drum rumkomme, mir ein paar Zahlen zu merken, die ich zur Einschätzung von Leuchtmitteln brauche: z.B. 1400 lm für eine Helligkeit wie bei früheren 100 W Glühbirnen.

Hat dieser Beitrag euch etwas aufmerksamer und kritischer bei der Lampenauswahl gemacht, dann würde mich das sehr freuen. Denn je informierter wir Verbraucher sind, umso weniger Erfolg haben die trügerischen Aussagen der Hersteller.

Aaf daß ma uns nimma bscheißn loußn!