Montag, 3. Dezember 2018

V4.2 Beta: Print Bleed

In der kommenden Silhouette Studio Version 4.2 wird es u.a. diese Neuerung geben: "Print Bleed".
Was soll das sein? Und: Funktioniert es?

Ich habe die erste Open Beta (Testversion) installiert und mir diese neue Funktion näher angesehen.

Über die Beta an sich werde ich noch gesondert einen Beitrag schreiben, wenn ich sie ausgiebig getestet habe.
Eins schon mal vorweg: An der Bibliothek wurde viel verändert und sie läuft in der momentan aktuellen v.4.2.217 noch nicht rund.
Installieren sollte diese Testversion nur, wer kleinere und größere Probleme in Kauf nimmt und sich in Computerdingen behelfen kann.


Warum Print Bleed?


Jeder, der schon mal Print&Cut mit seinem Silhouette Plotter gemacht hat, kennt das: stellenweise dünne, weiße Ränder, weil der Schnitt minimal versetzt zum gedruckten Motiv verläuft.

In dieser Illustration habe ich diese "Blitzer" übertrieben deutlich dargestellt (meistens sind sie viel feiner):


Bereits ein Versatz von einem Bruchteil eines Millimeters wird als feiner weißer Blitzer sichtbar. Ein Silhouette Plotter arbeitet schon recht genau - Abweichungen im Mikrometerbereich sind völlig normal und nicht vermeidbar.

Die Exaktheit der Schneidelinie lässt sich nicht verbessern, aber man kann am Druckmotiv etwas verändern.


Was ist Print Bleed?


Im professionellen Druck ist es ganz normal, dass eine Grafik größer gedruckt wird als das geschnittene Endformat ist. Beschnittzugabe wird das genannt.
Print Bleed, im Studio seltsam als "Druckausblutung" übersetzt, ist etwas Ähnliches. Ziel bei beiden ist es, dass sich auch außen um den Schneiderand herum Farbe befindet. Erfolgt der Schnitt leicht versetzt, gibt es trotzdem keine weiße Blitzer.

Während bei der Beschnittzugabe ein Bild von Haus aus etwas größer angelegt wird, funktioniert Print Bleed andersum.


Das Sechseck mit rotem Schneiderand ist die im Studio angelegte Form. Print Bleed füllt auf dem Ausdruck einen Toleranzbereich um das Objekt herum mit derselben Farbe (hier zur Unterscheidung heller dargstellt). So, als würde die Farbe aus dem Sechseck in das umgebende Papier "ausbluten".


Wie funktioniert Print Bleed?


Im Studio


Zum gegenwärtigen Stand (4.2.217) ist Print Bleed so umgesetzt:
  • In den Seiteneinstellungen die "Druckausblutung" aktivieren und die Breite des zusätzlich zu färbenden Bereiches festlegen.
  • Die Ansicht im Studio bleibt normal, es gibt - zumindest noch - keine Möglichkeit der Vorschau.


Ich habe mich gefragt: Funktioniert das nur mit Schneidedateien (Pfadobjekten) oder auch mit Bildern (Cliparts, Fotos)? Wie verhält es sich mit Füllungen und mit Linienfarben?

Deshalb habe ich mir ein paar Testobjekte zusammengesucht (s. Screenshot):
  • Blume (Schneidedatei aus dem Design Store): gefüllt/ungefüllt, mit/ohne Randlinie
  • Elefant (Clipart von Creative Fabrica, nachgezeichnet und abgelöst): mit/ohne Konturlinie
  • Wassermelone (Schneidedatei aus dem Design Store): mit dünnen/dicken Linien, ohne Linienfarbe
  • Foto (eigenes): mit/ohne Linienfarbe
→ Linienstärke bei den farbigen Linien jeweils > 0, damit die Kontur auch gedruckt wird
→ Cliparts ohne Ablösen habe ich weggelassen, da davon auszugehen ist, dass lediglich die Farbe am Grafikrand erkannt wird und das wäre der rechteckige "Kastenrahmen".


Ergebnis


Die vorbereiteten Motive habe ich mir ausdrucken lassen - einmal normal und einmal mit aktiviertem Print Bleed (und der Standardeinstellung 1,27 mm).

Hier seht ihr die beiden eingescannten A4-Ausdrucke, in einer Grafik nebeneinander angeordnet:


  • Bei allen Objekten ohne gedruckte Randlinie wird die Füllfarbe nach außen erweitert (beim Foto kaum erkennbar, aber das rechte ist größer)
  • Bei allen Objekten mit farbigen Linien werden alle Konturen entlang des Außenrandes "ausgeblutet"
  • Print Bleed wird auf alle Füllungen angewendet, egal ob normale Farbfüllung oder Pixelbild.

Dass die Farben bei bunten Motiven im Ausblutungsbereich nicht perfekt an die der Füllung anschließen können und eine gewisse Verschiebung/Verzerrung auftritt, war zu erwarten.
Ebenso hatte ich vermutet, dass ein komplexes Bild mit ständig wechselnden Farbabschnitten und unregelmäßigen Konturen - wie bei einem Digistamp halt üblich - jenseits der Möglichkeiten des Werkzeugs liegt. Deshalb habe ich den Elefanten gewählt.

Hier ist er noch mal als Ausschnitt, links mit ausgebluteter Linienfarbe (das Bild selbst ist unverändert und kann als Vergleich zum anderen Bild dienen) und rechts mit ausgebluteter Füllfarbe:


Wie ein solches Motiv wirkt, wenn es schließlich konturengenau mit P&C ausgeschnitten wurde, müsste man im Einzelfall ausprobieren. Besser als mit weißen Blitzern wird es wahrscheinlich schon noch aussehen.


Problemlösung: Print Bleed trotz Offset


Möchte man mit mehreren Elementen Print&Cut machen und die Druckausblutung nutzen, und hat auch ein Objekt wie z.B. einen Schriftzug dabei, bei dem nur das Offset geschnitten werden soll, kann passieren, dass das Print Bleed ebenfalls auf den Text angewendet wird. Das ist natürlich unbrauchbar.


Ursache/Lösung:
Ist das Offset ungefüllt, wird das innere Objekt ausgeblutet. Weist man der Offset-Form eine Füllfarbe zu, wird das innere Objekt ignoriert.


Nehmen wir Weiß als Füllfarbe, bleibt das Offset auf dem Ausdruck unsichtbar.


Fazit zum gegenwärtigen Zeitpunkt


Diejenigen, die gern und viele Digistamps ausplotten, haben wahrscheinlich sehr auf Verbesserungen durch Print Bleed gehofft und hätten sich mehr erwartet. Ich glaube aber nicht, dass man dieses Tool noch großártig besser programmieren kann. Sowas funktioniert einfach rein mathematisch und nach einem festgelegten Schema - dafür sind Bildmotive einfach zu kompliziert und individuell.

Für Einfarbiges wird Print Bleed bestimmt eine tolle und einfache Möglichkeit, perfekte P&C-Ergebnisse zu bekommen, ohne weiße Stellen.

Wünschenswert wäre wirklich noch eine Vorschau im Studio, damit man nicht blind und auf Verdacht irgendwelche Werte einstellt. Außerdem vergisst man das Häkchen schnell - entweder man hat's nicht gesetzt, obwohl man es bräuchte, oder umgekehrt. Ein neues Dokument wird anscheinend immer mit deaktiviertem Print Bleed erstellt.

Wir werden sehen, wie die Entwicklung von V4.2 weitergeht.


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Falls dies jemand aus dem Druckgewerbe liest: Wie könnte man "Print Bleed" ordentlich auf Deutsch bezeichnen? "Druckausblutung" ist ja wohl Käse und "Beschnittzugabe" oder "Überfüllung" trifft's auch nicht wirklich, oder? Klärt mich bitte auf! ^_^

Mocht's ihr oft Print&Cut?